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Der deutsche Posaunist Albert Mangelsdorff entstammte einer Musikerfamilie, studierte bei seinem Onkel, einem Konzertmeister, Geige und lernte von einem Soloposaunisten der Frankfurter Oper das Posaunenspiel. Seine Musikbegeisterung galt jedoch schon ab seinem zwölften Lebensjahr vor allem dem Jazz. In den 1950er Jahren hatte er eine besondere Vorliebe für den so genannten Cool-Jazz, die er auf folgende Weise erklärte: „Dass diese Musik einen derart starken Eindruck auf mich machte, hängt wahrscheinlich auch mit unserer Verhaftung in der klassischen Musik zusammen, denn der Cool Jazz hat einen gewissen Touch ins Klassische, wenn auch nicht vergleichbar mit dem Modern Jazz Quartet, bei denen das bewusst klassisch angelegt ist. Der Cool Jazz ist eher von der Ästhetik her klassisch. Nicht zuletzt war es auch die raffinierte Harmonik, die einen Eindruck auf mich machte.“1) Als wichtigsten damaligen Einfluss nannte Mangelsdorff „natürlich die Lennie-Tristano-Schule2) – aber als Solist am meisten beeindruckt hat mich Lee Konitz3). Es war diese unwahrscheinliche Ausgewogenheit in seinem Spiel. Vielleicht liegt es auch daran, dass man als Weißer, als Europäer, stärker in diese Richtung gezogen wird. Trotzdem hörte man natürlich weiter Charlie Parker und den ganzen schwarzen Jazz. Dizzy Gillespie ist mir immer wichtig gewesen.“4) Dem „schwarzen Jazz“ näherte sich Mangelsdorff in der Zeit von Ende der 1950er Jahre bis etwa 1964, indem er sich „nach all den schönen Klängen und Harmonien [des Cool-Jazz], in denen man damals geschwelgt hat,“ dem zuwandte, „was man so Hardbop nennt“5). Die Gründe dafür deutete er in folgender Aussage an: „Es kam schließlich eine Zeit, in der ich ziemlich in der Luft hing. Damals kam der Hardbop hoch und ich habe mich noch einmal sehr auf [Charlie] Parker eingehört. […] Der tiefere Grund lag […] wohl darin, dass ich ein sehr introvertierter Spieler war, wovon ich wegkommen wollte. Und da hat mir Parker hören sehr geholfen.“6) Im Jahr 1962 traf der afro-amerikanische Pianist John Lewis7), der umgekehrt eine starke Neigung zu europäischer Konzertmusik hatte, mit Mangelsdorff zusammen, nahm mit ihm ein Album8) auf und bezeichnete ihn als „einen der drei wichtigsten Posaunisten des Jazz“. Anfang 1964 tourte Mangelsdorff mit seiner Band in Asien und erhielt dort Anregungen, die sich in seinem anschließend aufgenommenen Album9) niederschlugen und für seine weitere Entwicklung bedeutsam wurden: „Wir hörten indische Musik und spielten mit indischen Musikern. Plötzlich konnten wir ohne thematische und harmonische Strukturen auskommen, mein Spiel befreite sich ohne mein Zutun.“10) John Lewis betrachtete Mangelsdorff zu dieser Zeit (1964) als „wichtigsten Erneuerer des Posaunenspiels“.11)
Der jazzgeschichtliche Stellenwert, den deutsche Jazz-Kreise Mangelsdorff oft bereits aufgrund dieser damaligen Anerkennung aus Amerika verleihen, ist allerdings zu relativieren:
Wofür Albert Mangelsdorff in Darstellungen der Jazz-Geschichte vor allem erwähnt wird, ergab sich vielmehr erst aus seiner weiteren Entwicklung:
Die indische Musik war für Mangelsdorff eine wichtige Anregung zu einer „freieren“ Spielweise, doch war ihm die Idee eines „freien“ Spiels schon seit Anfang der 1950er Jahre von Lennie Tristanos Stück Intuition18) her vertraut und er hatte nach eigener Aussage bereits damals versucht, so zu spielen.19) Mitte der 1960er Jahre folgte er zunehmend dieser Idee und in dieser „Befreiung“ sah er auch einen „Selbstfindungsprozess“ als europäischer Musiker gegenüber der Jazz-Tradition: „So schön das ist, irgend so einen Evergreen aus einem Musical oder so was zu spielen, man fragte sich: Was geht mich das an? Erstens ist es nicht hier gewachsen und zweitens ist es ja eine Musik, von der man eigentlich weg wollte. Was man als Jazzmusiker will, ist doch immer die eigene Musik, so schön diese Themen alle sind; ich habe sie ja ausgiebig gespielt.“20) In Wahrheit besteht die Jazz-Tradition aber keineswegs bloß aus einem Spielen von „Evergreens aus Musicals oder so was“.21) – Vor allem war für Mangelsdorff die allmähliche Entwicklung zum Free-Jazz eine „große emotionale Befreiung. Ich bin an sich ziemlich introvertiert. Der Cool-Jazz war schon irgendwie meine Musik, aber ich will auch immer davon los, von dieser Introvertiertheit und Distanziertheit. Das heißt, ich will meine Dinge nicht nur immer in feiner, sensibler Form loswerden, sondern auch ruhig mal aggressiv sein dürfen, mich von all den Zwängen befreien.“22) Im Jahr 1971 sagte Mangelsdorff außerdem: „Man muss dahin kommen, dass man alles spontan komponiert, also nicht mehr Variationen über ein Thema, das zugrunde liegt. Alles kommt darauf an, die Musik so ehrlich und unmittelbar wie möglich zu machen. […] Jetzt sind wir erstmals an dem Punkt, wo wir Spontaneität ganz rein und ganz unmittelbar vermitteln können.“23) Er war damals an extremen „Kaputt-Spiel“-Experimenten beteiligt, allerdings mit einem noch relativ „harmlosen“ Beitrag.24)
Im Zuge der Free-Jazz-Experimente entwickelte Mangelsdorff ab Anfang der 1970er Jahre eine Technik, Akkorde auf der Posaune zu spielen: Indem er „einen Ton bläst und gleichzeitig einen weiteren, meist darüberliegenden Ton singt, gewinnt der Vokal-Ton die Sound-Qualität der Posaune. Ausgehend von diesen beiden Tönen schafft Mangelsdorff – gleichzeitig! – drei-, vier- und fünftönige Akkorde, indem er mit den Kombinationstönen des geblasenen und des gesungenen Tones spielt.“25) So ein mehrstimmiges Spiel (Multiphonics) auf Blasinstrumenten war allerdings nicht neu und wurde im Free-Jazz, insbesondere von Saxofonisten, öfters praktiziert.26) Mangelsdorff sagte selbst: „Ich habe das nicht entdeckt, es ist keine neue Geschichte. […] Mein Lehrer, von dem ich vorhin erzählte habe, an der Frankfurter Oper, der hatte das drauf, der hat unbegleitete Choräle gespielt. […] Der Eje Thelin27) in Schweden zum Beispiel macht das ja auch. – Es war nur so: Während ich immer mehr an dieser Möglichkeit des mehrstimmigen Spiels arbeitete, kamst dann, Gott sei Dank, du [Joachim-Ernst Berendt] mit dem Solo-Konzert auf deinem Festival während der Münchner Olympiade28) und mit der Offerte, ob ich da unbegleitet spielen wolle29) – und das war natürlich ein guter Start für die Sache. […].“ Berendt setzte als Interviewer fort: „Ja, und von da an ging es schlagartig. Es war wie ein Musterbeispiel für die Durchsetzung einer neuen Sache.“30)
Ungefähr 1977 erklärte Mangelsdorff: „Ich empfinde – und das hat sich durch die Solospielerei ergeben – einen starken Trend zu mehr Traditionellem. Und zwar einfach, weil man sich im Free Jazz wahrscheinlich doch ein bisschen zu sehr verloren hat. Man hatte das Gefühl, dass man die Bahnen des Jazz verlassen hat. Und vor allem, glaube ich, bin ich Jazzmusiker. Das bin ich von Anfang an gewesen und es gibt gewisse Dinge im Jazz, die Elemente des Jazz, die man einfach bewahren muss, um Jazzmusiker zu bleiben. […] Die ganzen Sachen, die wir damals gemacht haben, das näherte sich ja immer mehr der so genannten zeitgenössischen Konzertmusik und deswegen, glaube ich, ist es ganz gut, wenn man jetzt wieder so einen kleinen Abstand dazu schafft – eben indem man sich wieder mehr dem Jazzmäßigen zuwendet, der Jazz-Tradition. […] Der Rhythmus ist überhaupt das Wichtigste am Jazz. Als ich zuerst Jazz gehört habe, als Emil31) die ersten Jazzplatten nach Hause brachte, da hab ich dazu getanzt, wenn ich sie alleine spielte. Deshalb hab ich vorhin auch erwähnt, dass für mich so viel passiert ist, als ich mit Hartwig Bartz32) zusammengespielt habe. Und dann später mit Elvin Jones und mit Alphonse Mouzon33). […] Ich möchte, dass die eigentlichen Elemente des Jazz nicht vergessen werden. Deshalb interessieren mich auch gerade einige der großen alten Jazzmusiker ganz besonders. Dizzy [Gillespie] haben wir erwähnt, auch Sonny Rollins, Elvin Jones ….“34) Zugleich blieb Mangelsdorff aber auch dem Free-Jazz verbunden.35)
Es ist das mehrstimmige Spiel, insbesondere in unbegleiteten Solo-Auftritten, wegen dem Mangelsdorff in Jazz-Geschichts-Darstellungen erwähnt wird.36) Lee Konitz sagte: „Ich habe von amerikanischen Musikern immer gehört, dass sie sich sehr respektvoll über Alberts, ich nenne es mal: experimentelle37) Spielweise geäußert haben, aber auch, dass er kein großer straight ahead swinger sei, im Sinne der mehr traditionellen Spielweise eines J.J. Johnson oder Stan Getz, um nur diese beiden zu nennen.“38)
Mangelsdorffs mehrstimmiges Spiel stellt zweifelsohne eine besondere Kunst dar und eröffnete neue Möglichkeiten des Ausdrucks, die er in kreativer und musikalischer Weise nutzte. Außerhalb des „experimentellen“ Bereichs erlangte diese Art des Posaunenspiels jedoch keine Bedeutung.39) Allen derartigen Erweiterungen der Einsatzmöglichkeiten von Instrumenten haftet eine grundsätzliche Problematik an: Egal ob Mangelsdorff auf der Posaune Akkorde erzeugte, ein Schlagzeuger auf seinem Instrument Melodien spielt, ein Bassklarinettist mit den Klappen seines Instrumentes „trommelt“ oder ein Bassist allein ein Konzert gibt, stets haben diese Spielweisen einen etwas kuriosen Charakter. Warum übernimmt die jeweilige Funktion nicht ein Instrument, das dafür prädestiniert ist? Warum werden die Akkorde ausgerechnet von einem Instrument gespielt, das dazu denkbar schlecht geeignet ist, und nicht von einem klassischen Akkordinstrument oder von mehreren Bläsern gemeinsam? Vor allem aber klingen diese Funktionserweiterungen von Instrumenten nicht wirklich gut: Die Harmonien der Pianisten oder eines Bläserensembles sind denen einer einzelnen Posaune nicht nur an Möglichkeiten, sondern auch im Sound eindeutig überlegen. Blasinstrumente spielen Melodien viel ausdrucksvoller als Schlagzeuge. Auf Perkussionsinstrumenten können sehr viel differenziertere und eindringlicher klingende Rhythmen hervorgebracht werden als auf Klarinettenklappen. Auf dem alleine spielenden Bass verschwimmt das, was sonst ein Blasinstrument, ein Klavier oder eine Gitarre spielt, zu einem dumpfen Brei.
Im Vergleich zu den Sounds der herausragenden Aufnahmen der Jazz-Tradition wirkt das mehrstimmige Spiel Mangelsdorffs nur allzu oft wie jämmerliches Gebrumme. Außerdem macht es das Spiel der ohnehin schwerfälligen Posaune noch schwerfälliger und dementsprechend ungeeignet für eine Musik, in der Bewegung und Beweglichkeit einen zentralen Stellenwert haben.40)
Auch ist allgemein das unbegleitete Solo-Spiel auf einem Blasinstrument in Bezug auf die Qualitäten der Jazz-Tradition problematisch: Joachim-Ernst Berendt, der Mangelsdorff 1972 in München einen weithin beachteten Start seiner Solo-Projekte ermöglichte, gab später zu bedenken, dass die Tendenz zum Solo- und Duo-Konzert, also zu einer „intimen, aufs Äußerste personalisierten und sensibilisierten Aussage“, „auch Gefahren besitzt. Sie kann ein Zurückdrängen, ja eine Verdrängung von swing, drive und hartem Jazz-Puls, von schwarzer Tradition bedeuten, die ohne die kraftvolle Intensität eines Schlagzeugers nun einmal nicht denkbar sind, ein Überborden von Ästhetizismen, die dem Wesen des Jazz fremd sind […].“41) Woher solche „Ästhetizismen“ in Mangelsdorffs Solo-Spiel kamen, deutete der Jazz-Kritiker Bert Noglik an: „Obwohl es swingt, verrät seine Linearität, die Anlage mancher Stücke und Improvisationen etwas Europäisches, in einem weiten Sinne vielleicht mit klassischen Partiten und Suiten vergleichbar.“42) Der Saxofonist Heinz Sauer, der lange Mitglied von Albert Mangelsdorffs Band war, gab zu bedenken: „Im Jazz, und da sind wir43) vermutlich nicht ganz der gleichen Meinung, ist die Interaktion das eigentlich Faszinierende.“44) Ähnlich äußerte sich auch der ehemalige Schlagzeuger der Band: „Der Albert hat sich durch sein Solospielen in eine Situation gebracht, in der er einen sehr einsamen Weg geht. Auf der einen Seite ist seine Entscheidung verständlich, weil ein lautes Schlagzeug und ein voller Bass bei der Mehrstimmigkeit die Stimme untergehen lassen, auf der anderen Seite aber ist Jazz eine Musik, deren Grundgedanke das Kollektive ist. Ich bedauere es, dass der Albert in seiner heutigen Position keine ständige, feste Band hat.“45)
Es ist gewiss eine spezielle Herausforderung, mit einem Blasinstrument alleine ein Konzert lang spannende Musik zu spielen. Doch ist gerade die Rolle der Blasinstrumente im Jazz weitgehend auf ein Zusammenspiel mit einer Rhythmusgruppe angelegt und in dieser Konstellation ist ihre stärkste Wirkung entfaltet worden. Ein unbegleitetes Bläser-Solo bleibt daher eine Ausnahmesituation, in der der Jazzcharakter schnell verlorengeht, wenn es der Solist nicht zustande bringt, in seinem Spiel die fehlende Rhythmusgruppe spürbar zu machen. Mangelsdorff wies selbst auf die Bedeutung des Rhythmus hin: „Auch in der Solospielerei ist Rhythmus so wichtig, weil man, um einen Vortrag spannend zu halten, in einem bestimmten Rhythmus spielen muss. Diesen Rhythmus bekommt man nun eben nicht vom Schlagzeuger oder überhaupt von der Rhythmusgruppe, man muss ihn selber machen. […] ich lege bei den meisten dieser Solo-Vorträge Wert darauf, dass sie in einem bestimmten Metrum ablaufen, dass sie swingen.“46) Meisterwerke der Jazz-Tradition bewirken mit ihrem Rhythmus allerdings weit mehr, als den Vortrag spannend zu halten. Mangelsdorffs Solo-Auftritte mit ihrem Schwerpunkt auf Klanggestaltung blieben im Vergleich dazu in rhythmischer Hinsicht wenig beeindruckend.47)
Als sich Mangelsdorff Mitte der 1970er Jahre wieder mehr auf die Jazz-Tradition zu beziehen begann, war er schon fast 50 Jahre alt und sein persönlicher Stil, den er von nun ab in einem traditionelleren Kontext einsetzte, längst ausgebildet. Im traditionelleren Rahmen zeigte sich die beschriebene Problematik seiner Innovationen verstärkt. So klang sein mehrstimmiges Spiel, das er neben konventionellen Läufen auf der Posaune zum Einsatz brachte, gerade hier regelrecht verschroben.48)
Mangelsdorff mag ein herausragender, virtuoser, innovativer Instrumentalist gewesen sein, doch personifizierte er keineswegs „die Posaune des Jazz“, wie der Titel eines Films49) über ihn vorgibt. Zum Beispiel führt das Jazz-Lexikon von Martin Kunzler folgende „stilbildende beziehungsweise große Posaunisten“ an50):
Kid Ory, Jimmy Harrison, Jack Teagarden, Jay Jay Johnson – außerdem George Brunis, Miff Mole, Dicky Wells, Tricky Sam Nanton, Trummy Young, Jay C. Higginbotham, Lawrence Brown, Tommy Dorsey, Vic Dickerson, Bill Harris, Bennie Green, Slide Hampton, Benny Powell, Julian Priester, Kai Winding, Curtis Fuller, Albert Mangelsdorff, Grachan Moncur, Roswell Rud, Paul Rutherford, Bill Watrous, Ray Anderson, Joseph Bowie, Glenn Ferris, Gary Valente, Steve Turre und Robin Eubanks.
Zu solchen Listen gibt es naturgemäß je nach bevorzugter Stilrichtung konträre Auffassungen, doch vermittelt diese Aufzählung realistisch, dass Mangelsdorff einer von vielen war. Keiner dieser Posaunisten hat eine mit Louis Armstrong, Duke Ellington, Charlie Parker, Miles Davis oder John Coltrane auch nur annähernd vergleichbare Bedeutung im Jazz erlangt und im Gegensatz zu manchem anderen dieser aufgezählten Posaunisten stand Mangelsdorffs Kreativität nicht im Dienst einer wesentlichen Bereicherung der Jazz-Tradition.51)
Dass mitunter so international bekannte Musiker wie die Schlagzeuger Elvin Jones und Alphonse Mouzon sowie der Bassist Jaco Pastorius an Aufnahmen von Mangelsdorff beteiligt waren, ist noch kein Zeichen weitreichender Bedeutung. Denn selbst solche Musiker müssen viele Auftrittsmöglichkeiten nutzen, um von der Musik leben zu können, und Arbeit in Europa war stets eine willkommene Verdienstmöglichkeit. Aus Aussagen Mangelsdorffs wird zum Beispiel deutlich, dass die Initiative zu einem Zusammenspiel mit Elvin Jones nicht von Jones ausging.52)
Um Mangelsdorffs internationale Bedeutung hervorzuheben, wird häufig auch darauf hingewiesen, dass er aus einer der jährlichen Kritiker-Umfragen der amerikanischen Zeitschrift Down-Beat als bester Posaunist hervorging, und zwar im Jahr 1980. Das ist gewiss bemerkenswert und ein Zeichen dafür, dass Mangelsdorffs Leistung sehr wohl auch in den USA geschätzt wurde. Doch abgesehen davon, dass im Vergleich dazu J.J. Johnson diese Bewertung als bester Posaunist 20 Jahre lang zuerkannt wurde53), sind solche Bewertungen fragwürdig.54)
Alle hier angeführten Einwände richten sich jedoch ausschließlich gegen übertriebene Darstellungen von Mangelsdorffs Bedeutung für die Jazz-Geschichte, keineswegs gegen die Vorliebe mancher Hörer für Mangelsdorffs Musik. Auch Sonny Rollins, der sich einige Jahre zuvor selbst intensiv mit Mehrklängen befasst hatte55), war von einem Solokonzert Mangelsdorffs angetan.56) – Ein bisschen zurechtgerückt muss im Übrigen auch die häufige Charakterisierung Mangelsdorffs als besonders bescheidene und damit sympathische Person werden. Dieses Bild wurde offenbar aus seiner introvertierten Erscheinung abgeleitet. Seine Virtuosität und sein eigenständiger Weg waren aber gewiss nicht ohne eisernen Willen und Überzeugung von sich selbst möglich.57) Auch ohne Glorifizierungen waren Mangelsdorffs Leistungen zweifelsohne bemerkenswert.
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